Schlagwort: Halle

Berufe, Berufung, Neue Arbeit und der Herzblutfaktor

Irgendwann zum Ende der Schulzeit stand ein Termin im Berufsinformationszentrum (BIZ) auf dem Programm. Eingebunden war auch ein Online-Test zum Eingrenzen der angestrebten Berufswahl. Laut diesem sollte ich dann nun Architektin werden (ging nicht, denn meine Mutter ist das und ich hatte meine „ich bin grundlegend gegen alles, was meine Eltern wollten“-Phase noch nicht überwunden). Platz zwei war Floristin. Aber da ich mit Blumen und Pflanzen bis zu diesem Punkt so gar keine Berührungspunkte hatte, kam das auch nicht in Frage. Mit meinem Einserabi wäre mir womöglich auch ein Zacken aus der Krone gefallen, wenn ich eine Ausbildung angefangen hätte.

Und dennoch hatte ich einen bunten Blumenstrauß an Ideen. Irgendwas mit Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften, Soziologie oder Sozialwissenschaften. Was der Unterschied bei den Letztgenannten war, konnte mir die Dame vom BIZ nicht erklären und so bewarb ich mich einmal quer durch die Republik auf diverse Magisterstudiengänge mit wilden Kombinationen.

Nach einem längeren Aufenthalt in den USA, zog ich nach Halle, um IKEAS zu studieren. Das hat jedoch nix mit IKEA zu tun, aber war sehr ähnlich wie deren Untergeschoss aufgebaut. Von allem ein bisschen, aber nix so richtig, dafür eine Fülle an Disziplinen und Themen. Auf meinem Zeugnis stand dann also ein Abschluss in „Interkulturelle Europa- und Amerikastudien mit dem Schwerpunkten USA und Lateinamerika“. Fun Fact: Meine jetzigen Tätigkeiten haben mit den eigentlichen Studieninhalten ziemlich wenig zu tun. Spannend war es trotzdem.

Neue Arbeit – neue Kultur

Genauso spannend sind die Gespräche mit meiner Tochter. Sie wächst in dem Bewusstsein auf, dass es nicht den einen Job für sie geben wird und ich bin mir recht sicher, dass die Berufe, die sie mal haben wird, noch gar nicht erfunden wurden. Die „Neue Arbeit“, oder zumindest das Schlagwort, ist allgegenwärtig. Doch nur wenige Unternehmen und Organisationen setzen sie konsequent oder im Sinne des Erfinders um. Es geht dabei um nichts anderes als die Abschaffung der Lohnarbeit, so wie wir sie kennen. Im Zentrum steht das, was wir wirklich, wirklich wollen. Um das aber überhaupt zu erkennen, braucht es Freiräume, Vertrauen und absichtsloses Ausprobieren. Die allgegenwärtige Armut an Begierde und veralterte Glaubenssätze stehen da leider noch zu oft im Weg und so erlauben sich viele gar nicht erst (groß) zu träumen.

Das gilt phasenweise durchaus auch für mich, aber ein wenig von allem oben genannten bin ich dennoch geworden: Soziologin, Kulturwissenschaftlerin, Sozialwissenschaftlerin, kunst- und kulturgeschichtlich interessierte Architektin und irgendwie auch Floristin:

In meinen diversen Projekten forsche ich zu neuen (Arbeits-)Räumen, vor allem aber den Menschen darin und was diese motiviert sich zu neuen Gemeinschaften zusammen zu finden und vermittle das auch mit viel Freude meinen Studierenden. Ich baue eine alte Brauerei zu einem kollaborativen Arbeitsort um, stehe aber auch mal hinter unserer Schwemme-Bar oder kuratiere Veranstaltungen. In meinem Garten (mit Tiny House und Kompostthron) erforsche ich die Möglichkeiten und Grenzen der Permakultur. Insgesamt also ein bunter Blumenstrauß, der stets neue Formen annimmt.

Einen Überblick über all das habe ich hier zusammengestellt: johannavoll.de

Foto: Andi Weiland | openTransfer.de (CC by nc)

2019: Neue und alte Projekte – Meine Jahreshighlights

Im letzten Jahr war so viel los, wie noch nie. Auch wenn ich mich in der nächsten Zeit primär zum Schreiben zurückziehen werde, steht auch 2019 schon einiges an, worauf ich mich freue. So kommt hier einiges zusammen, wofür in den letzten Jahren die Basis gelegt wurde. Daher habe ich auch keine guten Vorsätze. Die gehen oft genug nach hinten los. Ich freue mich in diese Projekte weiterhin Energie zu investieren:

#RGCS2019 in Barcelona und Coworking Library

Im Januar findet das dritte Symposium “Creativity and (Co-)Creation in Changing Cities: collectively organizing for new modes of production and innovation” der Research Group Collaborative Spaces (RGCS) in Barcelona statt. Ich bin dabei und werde die neueste Coworking-Forschung aufsaugen. Außerdem werden wir neue Features der Coworking Library veröffentlichen und so endlich die erweiterte Suchfunktion zur Online-Datenbank rund um Coworking-Publikationen zur Verfügung stellen. Im März folgt dann auch gleich die deutsche Coworking-Konferenz in Mannheim – natürlich auch in diesem Jahr mit dem Coworking-Quiz, das ich moderieren werde.

Coworking Library Banner

#CoopsViadrina II im Sommersemester 2019

Im kommenden Semester möchte ich mit Viadrina-Studierenden an einer neuen Auflage von #CoopsViadrina arbeiten. Mit dem Schwerpunkt “Arbeit und Coops” schließen wir an die erfolgreiche erste Ausgabe des englisch- und deutschsprachigen Magazins an, die das Thema Plattformkooperativismus zunächst greifbar gemacht hat. Aber auch in der platform-coop-Welt ist im letzten Jahr viel passiert. Ich freue mich auf ein erneutes Eintauchen in diese Thematik und all die Menschen, die sich darin engagieren.

#Podcast

Auf die Ohren gibt es auch immer mehr. Als Host der Podcasts zum Thema “Community” aus der Reihe “Coworking Values” auf OuiShareRadio produziere ich auch 2019 weitere Aufnahmen. Unterstützung erhalte ich dabei von meinen Studierenden und bin gespannt, mit wem ich in den kommenden Monaten dazu sprechen werde. Für Tipps und Ideen zu spannenden Gesprächspartner*innen, bin ich dankbar und offen.

#Halle (Saale)

In meiner neuen alten Heimat Halle fasse ich immer mehr Fuß. Das neu eingerichtete Arbeitszimmer und die Schreibhütte im Garten entschädigen zumindest etwas für das weitere Fehlen eines Coworking Spaces (kommt aber bald ;-)). Mit der Schwemme-Brauerei gehen wir ebenfalls große Schritte in diese Richtung und starten 2019 mit den großen Bauvorhaben am Gebäude. Auch die Patchwork-Familie wächst zur Mitte des Jahres und ein neues Würmchen wird unser Leben noch mehr durcheinander wirbeln. In diesem Sinne: Frohes Neues!

Back to the Roots #10JahrePostkult

Vor etwas mehr als 10 Jahren hat sich eine kleine Gruppe von Studierenden zusammengefunden, um in ihrer Studienstadt, Halle (Saale), kurz vor Abschluss des Studiums noch mal was auf die Beine zu stellen. Den damals gegründeten Verein, Postkult e.V.,  gibt es immer noch und er bereichert seit 10 Jahren die Kulturlandschaft Halles. Mitte Oktober 2017 soll dieses Ereignis nun gebührend gefeiert werden – und ich bin auch wieder mit am Start.

Der Anfang

An einem grauen Wintertag saßen wir beisammen – Martin, Sarah und ich. Alle waren irgendwie mehr oder weniger in der Endphase des Studiums (für Teile von uns sollte es sich noch eine Weile hinziehen) und überlegten wie wir Zugezogenen in Halle noch mal was reißen könnten. Die Stadt hat uns drei Jahre lang mit offenen Armen empfangen und wir waren seit dem ersten Semester an der Martin-Luther Universität verbunden, kulturell interessiert und überhaupt voller Elan, wie es nicht mehr so oft vorkommt im Leben. So entstand aus der ersten Idee eine Ausstellung zu organisieren schnell ein immer größer werdendes Projekt. Das Objekt der Begierde, eine alte Post im Giebichensteinviertel, wurde Schauplatz eines zweiwöchigen Festivals im Sommer 2007. Immer mehr Menschen wollten mitmachen und so wuchs das Vorhaben nahezu täglich: Konzerte (inklusive der Fete de la Musique), Partys, Lesungen, interkulturelles (Impro-)Theater, ein Kinderfest, Diskussionsrunden, unsere legendäre Bar und vieles mehr. Dazwischen gab es viele Krisentreffen (mit Wodka im 2ZKB und ohne Wodka mit Vertreter_innen der Stadt, Anwohner_innen und helfenden Händen), da das Projekt an verschiedensten Stellen zu scheitern drohte. Wie die Kings sind wir durch Clubs getingelt um Bands zu scouten, damals noch mit myspace als Basisstation im Netz. Beinahe nebenbei wurde ein Verein gegründet um Spendenbescheinigungen für unsere vielen, vielen Unterstützer_innen ausstellen zu können. Was dabei raus gekommen ist, könnt ihr hier nachlesen.

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Postkult heute: Projekte, Projekte, Projekte und ein Stadthof

Niemand von uns hätte damals gedacht, dass sich das Projekt verstetigt und mittlerweile als Dachorganisation für verschiedenste Aktionen und Projekte fungiert (hat). Einen Überblick findet sich auf der postkultigen Webseite. Nachdem ich zwischenzeitlich eine Zeit lang im Berliner Exil gelebt habe, staune ich nicht schlecht über alles, was der Verein auf die Beine gestellt hat. Die Strukturen haben sich professionalisiert und seit einigen Jahren gibt es ein festes Vereinsdomizil: Ein Stadthof in Glaucha, dem südlichen Stadtteil von Halle, der weiterhin Chancen und Möglichkeitsräume für Initiativen bietet. Mit dabei ist auch der Stadtgarten und ein Umsonstladen. Das Gebäude selbst wird von Bands und Hallenser Initiativen genutzt. Es gibt Veranstaltungsräume und regelmäßige Events. Besonderer Beliebtheit erfreut sich das Fahrradkino – ein einmaliges Veranstaltungsformat, was Nachhaltigkeit mit besonderen Filmen verbindet. Auch eine Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt beherbergt das Gelände.

Mitmachen? Mitmachen!

All das funktioniert aber nur, weil es immer wieder Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren. Es sind nicht mehr vorrangig Studierende, die bei Postkult aktiv sind – alle sind willkommen und können sich einfach bei Jens, dem aktuellen Vorstandsvorsitzenden, melden und vorbeikommen – zu den regelmäßigen Mitgliederversammlungen, im Stadtgarten, den Veranstaltungen und am besten zur großen Geburtstagssause. Diese findet am 13. und 14. Oktober 2017 auf dem Gelände im Böllberger Weg 5 in Halle (Saale) statt. Genaue Infos gibt es hier: Facebook-Veranstaltung. Ich werde in den nächsten Wochen rund um den 10jährigen Geburtstag so manche Anekdote aufschreiben und mit euch teilen.

 

Postkult e.V. 2014

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Irgendwann am Anfang des Jahres 2007 dachten sich einige Studierende der in Halle ansässigen Universität, dass sie in der Stadt und den Menschen darin, die sie beide seit drei Jahren ziemlich lieb gewonnen hatten, noch mal was auf die Beine stellen wollen. Am Anfang war da die Idee eine kleine Ausstellung zu organisieren und vielleicht noch ein paar Freunde dazu einzuladen. Herausgekommen sind ein zweiwöchiges Kulturfestival im Juni 2007 und eine Vereinsgründung. Das kann man alles auch HIER nachlesen. Mittlerweile besitzt der Verein eine Immobilie im Böllberger Weg, betreibt einen Stadtgarten und hat in den letzten Jahren diverse Projekte initiiert oder mitgestaltet. Viele der einst Aktiven sind mittlerweile in alle Windrichtungen verstreut – ein harter Kern bleibt Halle treu. Am letzten Wochenende hab ich mich dort mal umgeschaut. Vieles ist noch in Arbeit. Der Stadtgarten hat sich eigentlich schon auf den Herbst eingestellt, zeigt aber Dank der milden Wetterlage die eine oder andere Blüte. Engagierte Stadtraumeroberer sind immer herzlich eingeladen mal vorbeizukommen.

Ich war eine aus dem Gründungsteam und konnte die erste Zeit des damals jungen Vereins als Vorsitzende erleben. Wir haben viele Fehler gemacht, Krisensitzungen mit Wodka und diverse Gespräche mit Ämtern, AnwohnerInnen und Andersdenkenden erlebt. Jetzt blicke ich auf all die Projekte (teilweise mit hohen Fördersummen) und das Grundstück am Böllberger Weg und bin ganz schön stolz auf all die Menschen, die den Verein unterstützt haben. Bis in das aufwendig (mit viel Eigenleistung) sanierte Haus weitere Initiativen und Projekte einziehen können, braucht es aber noch ein wenig Zeit – aber auch weitere Aktive. Infos zu allen wichtigen Terminen (Subotnik) gibt es HIER.

Ich habe mache am besagten Wochenende mit ein paar Anderen, die die Gründungsgeschichte des Vereins mit mir geteilt haben, umgesehen. Das Gelände bietet viele schöne Ecken mit ganz viel Potenzial für kleine Ideen, aus denen manchmal was ziemlich großes werden kann.

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