Die Idee zu diesem Blog-Projekt beschäftigt mich schon lange. Mit der Umsetzung war das so eine Sache…

Schon während meines Studienabschlusses begab ich mich auf Jobsuche. Einige meiner ehemaligen KommilitonInnen hangelten sich bereits von Projekt zu Projekt oder mussten schließlich doch beim Amt der Ämter, dem Jobcenter, als KundIn unter Vertrag gehen. Ich war damals fest davon überzeugt, dass jedeR, der/die sich nur doll genug anstrengt, wenn nicht den Traumjob, dann wenigstens einen anständig bezahlten Job finden wird. Nach meinen ersten 50 Bewerbungen stellte sich auch bei mir eine gewisse Resignation und Ernüchterung ein. Ich hatte den neuen Hosenanzug für Bewerbungsgespräche wohl umsonst gekauft.

Damit einher ging die Idee über meine Erfahrungen zu schreiben und mich mit anderen auszutauschen. In vollem Bewusstsein, dass depressives Rumgeheule in der Öffentlichkeit nicht die erwünschten Ergebnisse (spannende Diskussionen, Erfahrungen in der Social Media-Welt und letztendlich ein Job) bringen würde, sollte der Herzblutfaktor meine Jobsuche auf minimal humoristische, vor allem aber informative Weise begleiten. Meine Zielgruppe waren all die anderen angeblich hochqualifizierten EndzwanzigerInnen aus der Generation Praktikum 2.0. Diese haben in der Regel einiges auf dem Kasten, können das aufgrund mangelnder Chancen jedoch niemandem zeigen. Als Frau gilt man zudem schnell als „tickende Zeitbombe“, die jederzeit schwanger werden könnte und damit ein viel zu großes Ausfallrisiko darstellt. Entfristete Arbeitsverträge rücken in weite Ferne – eine steigende Geburtenrate aber auch.

jobcenter Johanna Voll

Mit dem Jobcenter im Nacken verbrachte ich ein paar triste Monate. An guten Tagen war ich mir meiner vielfältigen Soft Skills und Potentiale durchaus bewusst, blickte zuversichtlich auf den vor mir liegenden Tag und setze mich voller Tatendrang an den Rechner um sämtliche Jobbörsen der sozialwissenschaftlichen Welt unsicher zu machen. An schlechten Tagen zählte ich in meiner Excel-Datei die offenen meiner abgeschickten Bewerbungen (im Dezember 2012: 100) und lenkte mich mit (schlechten) US-amerikanischen Serien ab bis ich ins Medienkoma fiel. Natürlich gab es hier und da mal „Projekte“, die mich zum Glück nicht komplett verzweifeln ließen, aber der Job mit Herzblutfaktor ließ auf sich warten.

Neuen Aufschwung, im Leben, wie auch beim Blog-Projekt, brachte eine Weiterbildung (vom Jobcenter durch einen Bildungsgutschein finanziert) zur Social Media-Redakteurin bei Cimdata, die ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann. Im Projektmanagement-Kurs erstellte ich SWOT-Analysen und Gantt-Diagramme zum Launch von Herzblutfaktor.de. Die Kursinhalte vom Social Media Marketing-Kurs halfen mir beim Erstellen meiner weiteren Auftritte im Netz. Ich war bereit. Der Countdown lief.

Parallel dazu lief meine aktive Jobsuche auf vollen Touren. Es waren nun 150 abgeschickte Bewerbungen. In einer verzweifelten Tat machte ich das, was ich eigentlich nie wieder tun wollte: Ich bewarb mich um eine Praktikumsstelle. Diese führte mich dann in eine Onlineredaktion. Ich bin wirklich glücklich und dankbar über die Erfahrungen, die ich dort sammeln konnte. Ich habe viel gelernt und tolle (bleibende) Kontakte geknüpft. Der tatsächliche Berufseinstieg jedoch kam schnell und unerwartet: Meine Professorin, die auch meine Masterarbeit betreut hat, wies mich auf eine offene Stelle an ihrem Lehrstuhl hin. Das war die letzte Bewerbung, die ich abgeschickt habe.

Weg Hiddensee Johanna Voll

Der Launch für Herzblutfaktor.de verzögerte sich durch technische Probleme, einen Mangel an Zeit und den Fakt, dass mein ganze Konzept irgendwie nicht mehr hinhaute: Ich habe mittlerweile einen ausfüllenden Job sowie ehrenamtliche Tätigkeiten mit Herzblutfaktor. All die bissigen Jobcenter-Geschichten müssen nun von anderen geschrieben werden. Eine ursprünglich angedachte Kategorie werden ich wohl dennoch beibehalten: Die schönsten Absagen. Auch heute trudeln gelegentlich Absagen ein – auf Bewerbungen, die ich irgendwann 2012 abgeschickt habe.